Als unglaublich vielfältiges Land ist Peru in drei große Klimazonen gegliedert: Die knochentrockene Küste mit faszinierenden Wüstenlandschaften, die kühlen Anden mit imposanten Gipfeln und „la selva“ mit grünen Regenwäldern und einer unvorstellbaren Artenvielfalt. Während aber mehr als die Hälfte der knapp über 30 Millionen Einwohner Perus an der Küste lebt (allein in und um Lima mehr als 10 Millionen), ist die Regenwaldzone nur spärlich besiedelt. Für die meisten Leute dort und damit einen Großteil der Landesbevölkerung ist der Urwald, speziell der Regenwald ferner als für uns. Viele Leute haben gewaltige Vorurteile. Eine grüne Hölle, mit Krankheiten, Schlangen und Spinnen an jedem Fleck, wo die Menschen wie die Wilden Leben. Gerade in einer Demokratie ist es aber umso wichtiger für den Schutz eines so wertvollen Ökosystems, dass die Mehrheit eine Vorstellung von dem Wert dieses Weltnaturerbes besitzt.
Bereits vor 50 Jahren gründete das Ehepaar Maria und Hans-Wilhelm Koepcke die Forschungsstation Panguana, die damit die älteste des Landes ist. Gezeigt hatte ihnen den besonderen Ort Carlos (genannt ‚Moro‘) Vásquez Módena, der seitdem die Station und das Schutzgebiet verwaltet. Inzwischen ist dieses auf mehr als 13 km² angewachsen und beherbergt eine unvorstellbare Artenvielfalt. Der andennahe Tieflandregenwald liegt dem großen Siraschutzgebiet vorgelagert, sehr zentral im Land, etwa vier Autostunden südlich von Pucallpa und doch weit abgeschlagen jeglicher touristischer Pfade.
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Als nächstgelegener etwas größerer Ort liegt etwa eine halbe Stunde im Langboot flussabwärts das Dorf Yuyapichis. Ein paar Kilometer Flussaufwärts wiederum liegt Pampas Verde, eine Comunidad der Asháninka, der größten Indigenenvolksgruppe in Perus Regenwäldern. Darüber hinaus existieren noch mehrere kleinere Siedlungen Indigener rund um das Schutzgebiet. Mit der großartigen Unterstützung Carlos Vásquez' und der örtlichen Lehrer konnte der Geschichtenwettbewerb in diesem engen Radius um die Station erfolgreich durchgeführt werden.
Nahezu jeder hat es schon selbst getan, die meisten machen es regelmäßig: Gold waschen. Wie in vielen Teilen der Regenwaldregion findet sich auch Gold im Rio Yuyapichis, dem Fluss der nach Panguana führt. Durch den hohen Goldpreis lohnt es sich besonders. Im Schnitt pro Person ein halbes Gramm am Tag, nach starken Regenfällen können es auch mal 2 Gramm sein. Das ergibt ein höheres Einkommen als der Peruanische Mindestlohn. Der liegt bei etwa 200€ pro Monat und selbst den erreichen längst nicht alle. Daher ist der Goldrausch so verlockend. Schattenseiten hat das Goldwaschen natürlich auch, etwa den massiven Einsatz von Quecksilber (etwa 3000 Tonnen Quecksilber sind in den vergangenen 20 Jahren im peruanischen Regenwald in den Flüssen gelandet). Der gefährdet nicht nur die Tier und Pflanzenwelt, sondern auch die Bevölkerung selbst, besonders die indigene Bevölkerung mit einem stärkeren Fischkonsum. Ständig werden in Peru neue Fälle von Minamata-Krankheit gemeldet. Diese Probleme sind bekannt, aber sie liegen in der Zukunft und gerade wenn man an einem absoluten Existenzminimum lebt, spielt die Gegenwart eine größere Rolle. Das versperrt auch Perspektiven und lässt die Bedeutung von Bildung in den Hintergrund treten. Wieso soll das Kind auf der Schule bleiben, wenn es Goldwaschen kann. Wozu lernen, wenn man doch wieder am Fluss landet? Davon abgesehen, dass die Chance auf höhere Bildung in der strukturschwachen Region den meisten komplett verwehrt bleibt.
Neben der Holzgewinnung geht der Primärwald in der Region aus ganz pragmatischen Gründen immer rascher verloren: Viele Menschen leben von der Landwirtschaft und dafür besteht ständig Bedarf an freien Flächen. Deshalb wird, weil es weniger Arbeit bereitet und den Boden düngt, gerne brandgerodet. Wenn möglich Primärwald, also echter Urwald. Sekundärwald wird hingegen eher vermieden. Er verfügt nämlich nicht nur über wesentlich weniger Baumarten (oft nur eine handvoll), selbige wachsen meistens sehr rasch und gedeihen auch unter praller Sonne. Schon nach kurzer Zeit konkurrieren die so nachgewachsenen Bäume mit dem, was der Bauer gepflanzt hat und intensive Arbeit mit der Machete steht an. Das entfällt beim Primärwald, denn einmal gerodet, kann man einfach und problemlos eine Plantage anlegen. Die meisten Urwaldbäume benötigen Schatten und ganz spezielle Bedingungen, um gedeihen zu können. Deshalb gelingt es bislang selbst aktiv nicht, dieselbe Artenfülle aufzuforsten. Die Ironie ist, dass in einem Land, das einen so wertvollen Schatz wie den tropischen Regenwald besitzt und dann trotz niedriger Löhne kurzfristige Arbeitsersparnis dieses Weltnaturerbe dauerhaft verschwinden lässt. Dennoch gehören erhobene Zeigefinger zum Letzten, was die Menschen und der Urwald brauchen. Der Wert der Artenvielfalt wird ihnen nicht bezahlt, der des Holzes und der landwirtschaftlichen Produkte hingegen schon. In dem Projekt wollen wir den Kindern und Jugendlichen den Unterschied zwischen Primär- und Sekundärwald ganz direkt zeigen und erklären, aber auch Carlos Vásquez, der nicht nur Panguana verwaltet, sondern selbst nachhaltige Landwirtschaft betreibt, über seine Erfahrungen und Beweggründe sprechen lassen. Bewusstsein schaffen und Alternativen zeigen sind nur ein Anfang. Aber ein notwendiger.
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